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Kaiser-Sound. Wilhelm II. auf frühen Tondokumenten

Book Contribution - Chapter

„Stark sein im Schmerz: nicht wünschen, was unerreichbar oder wertlos; zufrieden mit dem Tag, wie er kommt; in allem das Gute suchen und Freude an der Natur und an den Menschen haben, wie sie nun einmal sind, für 1 000 bittere Stunden sich mit einer einzigen trösten, welche schön ist, und aus Herz und Können immer sein Bestes geben, auch wenn es keinen Dank erfährt.“ Mit sonorer Stimme tritt uns hier Wilhelm II., der letzte deutsche Kaiser, entgegen. Beim Hören überwiegt zunächst der irritierender Effekt der Nähe einer fernen Zeit, den das ungewöhnliche Tondokument herstellt. Der gutmütige Ton hat etwas Landesväterliches, das wir ansonsten kaum mit dem martialischen letzten Kaiser in Verbindung bringen. Dies liegt auch am Inhalt des Vortrags. Der kurze Text, der sich in diesem Duktus fortsetzt, ist Erbauungsliteratur aus dem Werk des seinerzeit beliebten und mit Wilhelm II. bekannten bayerischen Schriftstellers Ludwig Ganghofer. Nach knapp zwei Minuten endet der kaiserliche Vortrag des Auszugs mit den Worten: „Wie alles ist, so muss es sein in der Welt, und wie es auch sein mag: immer ist es gut im Sinne des Schöpfers.“ Bei aller Schlichtheit des Textes, erzählt das Dokument vom 24. Januar 1904 doch mehr, als zunächst zu vermuten wäre. Es berichtet vom sehr frühen Zusammengehen von Politik und Audiotechnik, vom ‚Kaiser-Sound‘.
Book: Sound des Jahrhunderts- Geräusche, Töne, Stimmen 1889 bis heute
Pages: 42 - 45
ISBN:978-3-8389-7096-7
Publication year:2013
Accessibility:Open